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1. Theil 3 - S. 33

1880 - Stuttgart : Heitz
Ungarische und türkische Verhältnisse. 33 Türken, unter denen 60,000 Schanzgräber waren. Die Stadt Rhodns wurde berennt, und bald wankten die Mauern durch die zahllosen Kugeln der Türken; ,aber des tapfern Villiers Entschluß, die Stadt bis aufs äußerste zu vertheidigen, wankte nicht. Mehrere Stürme wurden zurückgeschlagen; Tausende von Türken waren schon vor den Mauern begraben worden und schon wollte Sulei-ntsltt zurückgehen, da meldeten ihm seine Kundschafter, daß die Stadt ja nur von einem Häuflein Krieger vertheidigt werde. Snleiman ließ aufs neue anrennen; ein Theil der Mauern stürzte zusammen; die Türken setzten sich in der Stadt fest — da sahen sie am andern Morgen, daß Villiers eine neue Mauer und einen Graben während der Nacht hatte anlegen lassen. Suleiman erstaunte über den Muth des Großmeisters und ehrte dessen Beharrlichkeit; er bot ihm freien und ehrenvollen Abschied an, wenn er die Stadt übergeben wolle. Auch jetzt noch wollte Villiers den Kampf fortsetzen; aber er wurde von den Rittern überstimmt, welche den Ort für nicht mehr haltbar erklärten. So fiel Rhodns in die Hände der Türken. Suleiman ehrte die Tapferkeit seines Feindes, nannte ihn seinen Vater und bezeigte ihm sein Bedauern, daß er ihn in seinem Alter aus seiner Wohnung vertreiben müsse. Die Johanniter, nun ihres Obdachs beraubt, erhielten vom Kaiser Karl V. die Insel Malta geschenkt, die damals zum Königreich Neapel gehörte, und nahmen davon den Namen Malteserritter an. Von nun an wandte sich Suleiman gegen Siebenbürgen und Ungarn. Hier war Wladislaw Ii. König gewesen, ein Enkel des Kaisers Albrecht Ii., der als Eidam Sigismunds (1437) König von Ungarn geworden war, und Schwestersohn des jungen Ladislaus, der oben bei Friedrich Iii. erwähnt worden ist. Mit jenem Wladislaw Ii. hatte Kaiser Maximilian I. eine Doppelheirath verabredet, die für Oestreich sehr ersprießlich geworden, weil Ungarn dadurch an dies Haus gekommen ist. Auf einer Zusammenkunft in Wien nämlich (1515) wurde zwischen beiden Fürsten bestimmt, daß Wladislaws dreijähriges Töchterchen Anna mit Maximilians vierjährigem Enkelchen Ferdinand (dem nachherigen Kaiser) vermählt werden sollte, ebenso eine Verheiratung zwischen Maximilians achtjähriger Enkelin Maria und dem neunjährigen Sohne Wladislaws, Ludwig dem Frühzeitigen. Beide Heirathen wurden auch späterhin wirklich vollzogen. Als Wladislaw (1516) gestorben war, wurde sein Sohn Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 3

2. Theil 3 - S. 52

1880 - Stuttgart : Heitz
'52 Neue Geschichte. 1. Periode. Deutschland. Versammlung die Regierung der Niederlande ab. Neapel hatte er ihm schon früher übergeben. Es war ein rührender Anblick, den kranken Kaiser zu sehen, wie er von dem Leben Abschied nahm. Mit Mühe erhob er sich aus seinem Sessel, gestützt auf die Schulter des Prinzen von Dramen, und er hielt eine erschütternde Rede. Er erzählte, wie er seit seinem 16. Jahre unablässig mit der Regierung seiner weitläufigen Staaten beschäftigt gewesen sei und für sich fast gar keine Zeit übrig behalten habe. Ueberall habe er gesucht mit eigenen Augen zu sehen, und sein Leben sei daher eine stete Pilgerfahrt gewesen. Neun Mal habe er Deutschland, sechs Mal Spanien, vier Mal Frankreich, sieben Mal Italien und zehn Mal die Niederlande besucht; zwei Mal sei er in England und zwei Mal in Afrika gewesen, überhaupt habe er elf Seereisen gemacht. Jetzt erinnere ihn seine Hinfälligkeit, jüngeren Schultern die Last zu übergeben. Habe er während seiner vielen Regierungsgeschäfte etwas Wichtiges versäumt oder etwas nicht recht gemacht, so bitte er alle, die dadurch gekränkt worden, recht herzlich um Verzeihung. Er werde seiner treuen Niederländer bis an sein Ende stets in Liebe gedenken und für sie beten. Nun wendete er sich an seinen Sohn, der sich auf ein Knie vor ihm niederließ und seine Hand küßte. „Sieh, mein Sohn," sprach er, „du wärest mir schon Dank schuldig, wenn ich dir nach meinem Tode so blühende Länder hinterließe; aber ich übergebe sie dir noch bei meinem Leben. Regiere deine Unterthanen mit Gerechtigkeit und Güte, wie ein Vater seine Kinder." Philipp versprach alles und — hat nichts gehalten. Aller Augen schwammen in Thränen. Wenige Monate später übergab ihm Karl auch die Regierung von Spanien und eilte nun nach seinem Zufluchtsorte, den er sich in der wildesten Gegend Spaniens, bei dem Hieronymitenkloster San Juste in Estremadura, nahe an der portugiesischen Grenze, erwählt hatte. Aber der undankbare Philipp kümmerte sich wenig um seinen Vater, sobald er erst die Regierung erlangt hatte, und Karl war noch in den Niederlanden, als er an sich selbst erfuhr, wie hinfällig alles Irdische ist. Als er in Vliessingen auf günstigen Wind wartete, hatte er eines Abends einen Gesandten seines Bruders Ferdinand bei sich. Als dieser endlich weggehen wollte, klingelte Karl den Bedienten, dem Fremden zu leuchten. Aber keiner erschien. Da nahm Karl selbst das Licht, so sehr auch der Fremde sich sträubte, und leuchtete ihm vor, indem er sagte: „Vergiß nicht, daß Kaiser Karl nach so vielen Mühseligkeiten der Re-

3. Theil 3 - S. 181

1880 - Stuttgart : Heitz
Unruhen in Prag. Friedrich von der Pfalz. 181 kommen zu machen, erschienen vor ihm 16 Abgeordnete der östreichischen Stände und verlangten mit drohenden Worten seine schriftliche Einwilligung zu ihrer Bewaffnung und zu einem Bündnisse mit den Böhmen. Ja, einer derselben, Andreas Thonradel, soll sogar so weit gegangen sein, ihn beim Knopfe seines Ramses zu fassen und zu rufen: „Nandel, gieb dich! du mußt unterschreibe!" — Da schmetterten plötzlich Trompeten auf dem Schloßhofe. Es waren 500 Cürafsiere von Dampierre, welche eingezogen waren, um Ferdinands Befehle zu vernehmen. Der Trompetenschall wirkte auf die Abgeordneten wunderbar. Sie beurlaubten sich in größter Schnelligkeit und kamen nicht wieder, und Ferdinand war erlöst, denn auch Thuru zog sich bald darauf von Wien zurück. Auch Ferdinand ist ein Beweis, daß man in keiner, auch noch so großen Verlegenheit verzagen muß, wenn man nur nach seiner besten Ueberzeugung handelt. Bald darauf wurde er zum deutschen Kaiser gewählt und hieß nun Ferdinand Ii. (1619—37). Nur die Böhmen wollten ihn schlechterdings nicht als ihren König erkennen, setzten ihn förmlich ab und ihnen traten auch die Schlesier, Mährer und Lausitzer, selbst die evangelischen Oestreicher bei. Dagegen wählten sie den 23jährigen Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich V., zu ihrem Könige. Zwar war er reformirt; aber sein Oheim war Moritz von Dramen und sein Schwiegervater König Jacob I. von England, und diese Verbindung empfahl ihn den Wählenden besonders. Anfangs besann er sich; die große Gefahr, in die er sich begeben sollte, schwebte seinem Geiste vor und manche Freunde warnten ihn. (Seine Mutier Juliane: „Ach, nun geht die Pfalz nach Böhmen!") Aber da trat seine Frau, Elisabeth, herein, welche der Eitelkeit, Königin zu heißen, nicht widerstehen konnte. „Wie?" rief sie, „du konntest dich vermessen, die Hand einer Königstochter anzunehmen, und dir bangt vor einer Krone, die man dir freiwillig entgegenbringt? Ich will lieber mit einem Könige Sauerkraut, als mit einem Kurfürsten Gebratenes essen." Solche Eitelkeit hat schon manche Frau unglücklich gemacht. Wird Elisabeth sie auch zu bereuen haben? — Auch sein Hofpre-diger Scnltetns redete zu feinem Gewissen: er solle doch nicht durch feine Weigerung mehr als eine Million evangelischer Glaubensgenossen ausopfern. Er nahm die Krone an und reiste nach Prag, wo er mit großem Pompe gekrönt wurde. Hoch schlug der eitlen Elisabeth das Herz vor Freude. Indessen zog sich über dem neuen Könige und seinen Böhmen

4. Theil 3 - S. 79

1880 - Stuttgart : Heitz
Bartholomäusnacht. 79 worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken. Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit- dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte. Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht. . Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte. So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.

5. Theil 3 - S. 260

1880 - Stuttgart : Heitz
260 Neue Geschichte. 2. Periode. Spanischer Erbfolgekrieg. Man hat oft behauptet, daß Mädchenfreundschaft sehr veränderlich sei; die Königin Anna — denn seit 1702 war sie an Wilhelms Stelle Königin geworden — und die Herzogin von Marl-borough haben ein Beispiel davon gegeben. Die letztere hatte sich seit einiger Zeit in die Regierungsangelegenheiten gemischt und mit der Königin oft in einem Tone gesprochen, der sehr vermessen war, dennoch aber von der Königin mit großer Demuth und Freundlichkeit ausgenommen wurde. Ost hatte die Herzogin die Empfindliche gespielt, hatte sich bei Hofe selten sehen lassen und statt ihrer ein armes, ihr verwandtes Fräulein, Abigail (Aebbigehl) Hill, eingeführt, um die Königin zu unterhalten, indem sie glaubte, jene würde nie vergessen, daß sie ihr allein diese Versorgung verdanke. Allein die Hill, die bald darauf einen Herrn Masham (sprich Meschäm) heirathete, war undankbar genug, die Herzogin aus der Gunst der Königin zu verdrängen. Eine heftige Scene, in welcher die Herzogin ihr in Gegenwart der Königin ihre Undankbarkeit vorwarf, trug nicht dazu bei, Anna mit ihr auszusöhnen. Kaum wurde bei Hofe dies Mißverständniß bemerkt, als alle, die bisher dem Hause Marlborough seinen großen Einfluß beneidet hatten, sich vereinigten, die Königin noch mehr gegen die Herzogin einzunehmen. Jedes ihrer Worte wurde übel gedeutet, und wenn sie mit Annex zusammenkam, war die Unterhaltung geschraubt, und beide waren froh, wenn sie beendigt war. Marlboroughs Herz litt dabei unbeschreiblich, da er seine Frau so unaussprechlich liebte, und alle Triumphe, die er im Felde über die Franzosen erfocht, konnten ihn für den Verlust des inneren Friedens nicht entschädigen. Er sehnte sich nach einem ruhigen, ungestörten Familienleben. Die Herzogin kam nur noch selten nach Hofe; ihr Briefwechsel dauerte zwar fort, aber in einem beißenden spöttischen Tone. Die Empfindlichkeit der Königin wurde von der schlauen Masham zu wüthendem Hasse angeblasen. Vergebens suchte sich die Herzogin mit der Königin zu verständigen; der Versuch fiel so übel aus, daß es zum völligen Bruche kam. Nach einem sehr heftigen Wortwechsel kamen sie persönlich nicht wieder zusammen, und auch der schriftliche Umgang hörte bald ganz auf. Wie vielen Kummer hätte die Herzogin sich und ihrem Gatten ersparen können, wäre sie nicht so herrschsüchtig gewesen und hätte sie sich nicht in Dinge gemischt, die nicht zum Wirkungskreise äner Frau gehören! Seit Jacobs Ii. Regierung gab es, wie wir schon bemerkt haben, in England zwei Parteien: die Tories und die Whigs.

6. Theil 3 - S. 262

1880 - Stuttgart : Heitz
262 Neue Geschichte. 2. Periode. Spanischer Erbfolgekrieg. glück zu versuchen beschloß. Aber mit jedem Jahre wurde die Noth größer; er mußte immer wieder um Frieden bitten. Wie triumphalen nicht seine Feinde! Sie trieben ihre Forderungen immer höher, und zu ihrem Erstaunen willigte Ludwig in alles. Er war bereit, nicht nur auf die ganze spanische Monarchie für sich und seinen Enkel zu verzichten, sondern selbst alle früher eroberten Provinzen wieder herauszugeben. Hiermit hätten seine Feinde wohl zufrieden sein können. Aber Uebermuth thut niemals gut. Ihre Schadenfreude wurde bald empfindlich bestraft. Sie verlangten nämlich endlich gar noch, er solle seine Heere mit den ihrigen vereinigen, um seinen Enkel mit Gewalt aus Spanien zu vertreiben. „Nein!" rief er ünwillig aus, „soll ich einmal durchaus Krieg führen, so will ich ihn doch lieber für als gegen die Meinigen führen!" Damit wurden die Unterhandlungen abgebrochen. Bald darauf gelang es ihm, sich mit Anna von England zu vertragen, und nun waren die übrigen nicht mehr stark genug, ihm zu widerstehen, und mußten zuletzt einen Frieden machen, wie er ihn wollte. Der Friede wurde in Utrecht 1713, in Rastatt und in Baden im Aargau 1714 geschlossen. Ludwig verlor nicht nur nichts, sondern setzte es wirklich durch, daß sein Enkel König von Spanien blieb. Oestreich wurde dagegen nur durch einige Ländereien entschädigt, zu denen auch die bis dahin spanischen Niederlande gehörten, die nun die östreichischen genannt wurden. Im Jahre 1715 starb endlich Ludwig Xiv. mit dem traurigen Bewußtsein, durch Habsucht sein sonst so blühendes Reich heruntergebracht und seine Unterthanen unglücklich gemacht zu haben. Daher folgte ihm auch keine Thräne nach; im Gegentheil verfolgte das Volk seinen Leichenwagen mit empörenden Schmähreden. Anna von England starb ein Jahr früher (1714), und da sie keine Kinder hatte, so wurde der Kurfürst von Hannover zum Könige von England erwählt und hieß als solcher Georg I. (1714—27).*) Dieser setzte den ungerecht verkannten Marlborough sogleich wieder in seine hohen Würden ein. Aber dies entschädigte den Herzog nicht für feinen häuslichen Kummer. Es starb ihm seine dritte Tochter im 26., und bald daraus auch feine Lieblingstochter, die zweite, im 29. Jahre, die an den Grasen von Sunder- *) Die Mutter Georg's I., Sophie Kurfurstin von Hannover und Erbin von Britannien war eine Tochter jener englischen Königstochter Elisabeth, welche an den unglücklichen Friedrich von der Pfalz vermählt war.

7. Theil 3 - S. 85

1880 - Stuttgart : Heitz
Heinrich Viil Anna Boleyn. 85 der Valois nach den Schandthaten der Bartholomäusnacht! -— Auch Heinrich von Guise starb eines gewaltsamen Todes. Heinrich Iii. ließ ihn durch einige seiner Leibgardisten erstechen, weil er Anstalten gemacht hatte, den König seines Ansehens zu berauben. 92. Heinrich Viii. und seine sechs Frauen. Zu der Zeit, als Karl V. in Deutschland Kaiser war und Franz I. in Frankreich regierte, war Heinrich Viii. König von England (1509—47). Er war ein Sohn jenes Heinrich Vii., der dem schändlichen Richard Iii. Krone und Leben geraubt hatte, und gehörte zu der Familie der Tudor (sprich Tjudörr). In mehr als einer Hinsicht ist Heinrich Viii. ein merkwürdiger König. Zu Anfange seiner Regierung mischte er sich bald in die Kriege, die Karl V. und Franz I. miteinander führten, und stand bald dem einen, bald dem andern bei; denn er war ein Mann von unerträglichen Launen und großer Eigenliebe, die sehr leicht beleidigt werden konnte. Diese Kriege kosteten ihm vieles Geld und brachten ihm keinen Ruhm, weil die Engländer nichts ausrichteten. Mit dem Papste stand er anfangs auf einem so guten Fuße, daß ihm dieser den Titel „Beschützer des Glaubens" gab. Aber die Freundschaft dauerte nicht lange. Heinrich hatte auf Befehl seines Vaters schon im 18. Jahre die 24jährige Katharina von Aragonien, Ferdinand des Katholischen und der Jsabella Tochter, heirathen müssen, und, wie das bei gezwungenen und ungleichen Hebathen meist geschieht, sie war ihm zuwider geworden. Indessen hatte sie aus Gefühl der Pflicht geduldet; sie hatte ihm auch nie Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben, und er hatte eine Tochter von ihr, welche Maria hieß. Plötzlich aber, nachdem er schon 18 Jahre lang mit ihr verheirathet gewesen war, behauptete er, die Ehe mit ihr sei unrechtmäßig, weil sie srüherhin seines verstorbenen Bruders Frau gewesen sei. Der eigentliche Grund war wohl dieser: eine Hofdame seiner Frau die Anna Boleyn (sprich Bohlin), hatte ihn durch ihre Schönheit und Annehmlichkeit so bezaubert, daß er seine Frau los sein wollte, um jene zu heirathen. Glücklich hatte er nie mit ihr gelebt. Als ihm aber mehrere Kinder starben, hielt er dies für eine Strafe Gottes, und die Neigung zu Anna Boleyn mochte allerdings den Ausschlag geben. Aber um sich scheiden zu lassen und eine andere

8. Theil 3 - S. 87

1880 - Stuttgart : Heitz
Heinrich Viii. Tod der Anna Boleyn. 87 Holbein genannt worden ist und der nun mit der größten Heiterkeit den Todesweg ging. Dann hob Heinrich auch die Klöster auf und hätte dabei große Summen gewinnen können, wenn hierbei nicht so verschwenderisch verfahren und die meisten geistlichen Güter verschleudert worden wären. Daher sagte Kaiser Karl V. mit Recht: „Der König von England hat' die Henne todtgeschlagen, welche ihm die goldenen Eier legte;" denn nun fielen die reichen Abgaben weg, welche er bisher jährlich von den Klöstern und Stiftern erhoben hatte. Anna Boleyn hatte dem Könige indessen eine Tochter geboren, die nachher so berühmt gewordene Elisabeth. Aber noch war Heinrich kaum drei Jahre in Anna's Besitze, als er auch ihrer schon überdrüßig war und auf eine dritte, Johanna Seymour (sprich Simour), eine Hofdame der Anna, feine Neigung gerichtet hatte. Darauf hatten die Feinde der guten Anna lange gewartet. Feinde hatte sie, so freundlich und herablassend sie auch gegen jedermann war, genug, weil viele ihr ihren hohen Stand nicht vergeben konnten, und ihres Bruders Frau war die giftigste darunter. Diese erfüllte des Königs argwöhnisches Herz mit solcher Eisersucht, daß er die Anna zu verderben fest beschloß. Die Eifersucht brach aus, als ihr bei einem Turniere ihr Taschentuch entfiel und ein junger Höfling es ihr aufnahm. Anna hatte nämlich einen höchst muntern, heitern Sinn, so daß sie sich bei allem, was sie that, nichts Arges dachte; dabei war sie so weit entfernt von Hochmuth, daß sie mit allen, die sonst ihres Gleichen gewesen waren, eben so freundlich und zutraulich wie ehedem umging. Das alles hinterbrachte die schändliche Roch eso rd (sprich Roschsohr) dem Könige; jede freundliche Miene, jedes milde Wort, jede gutthätige Handlung wurde der Armen als Verbrechen gedeutet. Der König konnte ihr nicht vergeben, daß sie sich erlaubte, mit Leuten, die unter ihr ständen, ein freundliches Wort zu sprechen; sein Stolz fühlte sich aufs tiefste beleidigt, und ohne Verhör wurde sie plötzlich ergriffen und in den Tower geführt. Als sie das Gefängniß betrat, fiel sie auf ihre Kniee nieder, rief Gott zum Zeugen ihrer Unschuld an und bat ihn, sie so gewiß selig zu machen, als sie unschuldig sei. Hier zeigte sich wieder, wie an Höfen nur dem Glücklichen die allgemeine Gunst sich zuwendet. Kaum war Anna in Ungnade gefallen, als alle ihre bisherigen Verehrer und Freunde ihr den Rücken zuwandten, und nur ein einziger fand sich, der es wagte, für sie beim Könige zu sprechen.

9. Theil 3 - S. 89

1880 - Stuttgart : Heitz
Heinrich Viii. Tod der Anna Boleyn alles war vergebens. Heinrich wollte sie los sein, darum mußte er sie schuldig finden, und obgleich ihre erbittertsten Feinde ihre Richter waren, so konnte ihr doch kein Verbrechen bewiesen werden. Einem der Hofleute, die der Freundlichkeit wegen, mit welcher Anna mit ihnen sollte gesprochen haben, auch gefangen gesetzt waren und hingerichtet werden sollten, bot man das Leben an, wenn er die Königin anklagen wollte. „Behüte der Himmel!" rief er aus, „ich halte sie für unschuldig und wollte lieber tausend Leben verlieren, als einen unschuldigen Menschen verleumden." Dennoch sprachen die Richter ihr: „Schuldig" aus. Sie sollte, nach der Entscheidung des Königs, entweder verbrannt oder enthauptet werden. Als man ihr das Urtheil ankündigte, erschrak sie nicht, aber sie hob ihre weißen Hände gen Himmel und rief: „O Vater, der du der Weg, die Wahrheit und das Leben bist, du weißt, daß ich diesen Tod nicht verdient habe." Dann ließ sie dem Könige sagen, sie danke ihm sehr, daß er so eifrig auf ihre Erhebung bedacht sei. Aus einem bloßen Fräulein habe er sie zur Marquisin, dann zur Königin erhoben, und nun, da sie auf der Erde nicht höher steigen könne, sorge er dasür, daß sie eine Heilige im Himmel werde. Dann empfahl sie ihm ihr unmündiges Töchter-chen Elisabeth. Auf dem Blutgerüste betete sie noch mit Inbrunst sür den König und gab ihm das Zeugniß, er sei sonst gegen sie immer ein guter und gnädiger Herr gewesen. Endlich überließ sie sich einer stillen Andacht, legte den Kopf auf den Block und unter den Worten: „Christus befehle ich meinen Geist!" machte ein Hieb ihrem Leben ein Ende. Gleich den Tag nach dieser ungerechten Hinrichtung vollzog der König seine Ehe mit Johanna Seymour und rühmte sich vor dem Parlamente, daß er aus Liebe zu seinem Volke, ungeachtet Meine letzte und einzige Bitte soll sein, daß ich allein die Last der Ungnade Ew. Maj. tragen möge, und daß sie nicht die unschuldigen Seelen derjenigen armen Männer treffe, welche, wie ich erfahre, meinetwegen gleichfalls in enger Gefangenschaft sind. Wenn ich jemals Gnade in ihren Augen gefunden habe, wenn jemals der Name Anna Boleyn Ihren Ohren angenehm geklungen hat, so gewähren Sie mir diese Bitte. Ich will Ew. Maj. nicht weiter beschweren, und mit meinem innigen Gebete Gott bitten, Jhro Maj. in seiner Obhut zu behalten und Sie in allen Ihren Handlungen zu leiten. — Aus meinem traurigen Gefängnisse, den 6. Mai 1536. Ihre gehorsamste und ewig treue Gemahlin Anna Boleyn.

10. Theil 3 - S. 268

1880 - Stuttgart : Heitz
268 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. Das Haus Rurik war nach mehr als 700jähriger Dauer 1-598 mit Feodor Jwanowitsch erloschen; ein russischer Edelmann, Boris Godunow, der schon unter Feodor die Regierung geleitet hatte, wurde zum Herrscher erwählt. *) Gegen ihn trat der angeblich *) Wir tragen hie.r eine kurze Uebersicht der Geschichte des russischen Reiches unter dem Hause Rurik nach. Slavische und finnische Völkerschaften von der Ostküste des baltischen Meeres zur oberen Wolga hin hatten 862 eine Normannenschaar, die Waräger, als ihre Herren in das Land gerufen, um dadurch die Beendigung innerer Zerwürfnisse herbeizuführen. Die Waräger, für welche hier der Name Russen aufkam, erschienen unter der Führung von drei Brüdern, Rurik, Sineus und Truwor. Rurik wurde nach dem Tode seiner Brüder der einzige Gebieter des neugestifteten Reiches'; er hatte seinen Herschersitz in Nowgorod am Jlmensee aufgeschlagen. Sein Nachfolger machte Kiew zur Residenz. Siegreiche Kriege erweiterten das Reich nach Osten und Süden; mit kühnen Seefahrten über das schwarze Meer und in den Bosporus bis vor die Mauern von Constantinopel wurde das oströmische Reich geschreckt und gebrandschatzt. Der Enkel Ruriks, Swätoslaw, überschritt mit Heeresmacht die Donau und drang bis Adrianopel vor. Wladimir der Große, 980—1015 vermählte sich mit der griechischen Prinzessin Anna, einer Schwester der Theophania, welche die Gemahlin des deutschen Kaisers Otto Ii. war; er nahm das Christenthum an und führte dasselbe auch in seinem Volke ein, 984. Es geschah dies im Anschluß an die griechische, nicht an die römische Kirche, ein Umstand, welcher viel dazu beitrug, daß Rußland den abendländischen Völkern so lange sremd blieb. Sein großes Verdienst, christlicher Gesittung in Rußland Eingang verschafft zu haben, schmälerte er unabsichtlich dadurch, daß er bei seinem Tode das Reich unter seine Söhne theilte, deren einer, der Großfürst von Kiew, die Oberherrlichkeit verwalten und den Zusammenhang der Theile erhalten sollte. Bruderkriege, Parteiungen und die Einmischung der Nachbarn, besonders der Polen, waren jahrhundertelang die verderblichen Folgen dieser Theilungen; das Volk litt unter den räuberischen Einfällen der Grenzvölker, die Macht des Reiches verfiel/ Während dieser traurigen Zeiten wurde um 1150 Moskau gegründet. Kiew verlor an Bedeutung, und die Stadt Wladimir kam als Fürstensitz ansehnlich empor, doch auch nur vorübergehend; Nowgorod aber als eine fast selbständige Handelsrepublik und im Besitz eines weiten Gebietes erlangte große Macht und war eines der bedeutendsten Mitglieder der Hansa. Als 1287 die verwüstenden Schwärme der Mongolen aus Asien hereinbrachen fehlte in Rußland die Kraft, sich der wilden Feinde zu erwehren. Die goldene Horde der Mongolen gründete in den Gebieten der unteren Wolga das Reich von Kaptschak und hielt die russischen Fürsten und Großfürsten über 200 Jahre lang in Tributpflicht. Noch in der ersten Zeit dieser mongolischen Herrschaft erwarb sich der Großfürst Alexander Newsky, 1252—1263, durch einen Sieg an der Newa über die Schweden einen gefeierten Namen. Sein Enkel, Johann Kalita 1328—1340, begann mit Klugheit und Ausdauer die Kraft des Reiches wieder zu heben. Moskau wurde Hauptstadt, und auch der Sitz des Metropoliten wurde von Kiew hierher verlegt. Wenn auch der erste Versuch, das Mongolenjoch abzuschütteln, trotz eines großen Sieges über dieselben am Don 1380
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